
Tiergesundheit
Tiergesundheit bedeutet nicht allein die Freiheit von Krankheiten, sie ist auch ein wesentlicher Bestandteil für die öffentliche Gesundheit, den Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit. Gesunde Tiere sind Voraussetzung für die Erzeugung gesunder und sicherer Nahrungsmittel tierischer Herkunft.
In einem globalisierten Agrarmarkt werden höhere Anforderungen an die Tiergesundheit gestellt als auf den national begrenzten Märkten der Vergangenheit. Eine Schwachstelle in der Produktionskette kann unübersehbare Folgeschäden nach sich ziehen (z. B. großräumige Sperrmaßnahmen nach Tierseuchenausbruch, Rückrufaktionen bei unsicheren Lebensmitteln). Über die bestehenden Gesundheits- und Kontrollprogramme zur Vermeidung von zwischen Mensch und Tier übertragbaren Krankheiten hinaus werden deshalb vom Freistaat Bayern auch Tiergesundheitsmaßnahmen unterstützt, die dem Abbau von Wirtschaftshemmnissen dienen. Die Aufrechterhaltung des im Jahr 2011 für ganz Bayern erreichten Status der Freiheit in Bezug auf das bovine Herpesvirus Typ 1 (BHV-1) und die Bekämpfung der bovinen Virusdiarrhö (BVD) gehören zu diesen Maßnahmen.
Die zuverlässige Erfassung von Informationen über den Gesundheitsstatus der Tiere und der Austausch dieser Daten zwischen den verschiedenen Stufen der Veredelungskette gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) fördert deshalb seit Frühjahr 2015 ein Projekt zur „Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls in bayerischen Tierhaltungsbetrieben auf Basis von Schlachttierbefunden und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schlachtung von Rindern, Schweinen, Masthühnern, Mastputen und Mastenten stehenden Parametern“.
Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung
Im März 2015 wurden erstmals die bundesweiten Kennzahlen zur Therapiehäufigkeit mit Antibiotika in Betrieben mit Mastrinder-, Mastschweine-, Masthühner- und Mastputenhaltung veröffentlicht. Die Ermittlung und Veröffentlichung der Kennzahlen erfolgt halbjährlich.
Durch das mit der 16. AMG-Novelle eingeführte System soll eine Verbesserung der Tiergesundheit und damit verbunden eine Verringerung des Antibiotikaeinsatzes erreicht werden. Betriebe, die deutlich mehr Antibiotika anwenden als Vergleichsbetriebe, müssen Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz zu reduzieren. Erste Ergebnisse aus diesem Monitoring liefern zusammen mit den Daten der DIMDI-Arzneimitteldatenbank (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) Anhaltspunkte, dass der eingeschlagene Weg in die richtige Richtung führt.
Das Auftreten von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien wird durch das Vorhandensein von Antibiotika in deren Lebensumwelt gefördert. Ein verringerter Antibiotikaeinsatz trägt deshalb dazu bei, das Risiko von Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu senken. Antibiotikaresistenzen stellen ein globales Problem dar, das im Sinne eines One-Health-Ansatzes durch das Zusammenwirken von Human- und Veterinärmedizin angegangen werden muss. Aufgrund seiner Bedeutung wurde es auch im Rahmen des G7-Gipfels in Elmau behandelt.
Gesundheitsmonitoring beim Rind
Auf Initiative des StMELF und der Bayerischen Landestierärztekammer wurde im September 2009 das Projekt „Pro Gesund“ ins Leben gerufen. Ziel des Projektes ist es, die Gesundheit und Langlebigkeit der Rinder durch die Erhebung und Analyse von Krankheitsdiagnosen und gesundheitsrelevanten Beobachtungen zu verbessern. Die Teilnahme beruht auf einer freiwilligen Erklärung von Landwirt und Tierarzt. Die erhobenen Daten werden in einer zentralen Datenbank gespeichert und können vom Landwirt und von seinem betreuenden Tierarzt in speziellen Online-Anwendungen ausgewertet werden. Damit ist es z. B. möglich, Schwachstellen der eigenen Herde im Gesundheitsbereich frühzeitig zu erkennen, präventive Maßnahmen bei absehbaren Problemen einzuleiten oder im Rahmen der tierärztlichen Bestandsbetreuung effektive Strategien zur Verbesserung der Gesundheit zu entwickeln. Derzeit nehmen an Pro Gesund 150 Tierärzte und 1 750 Landwirte teil.
Bekämpfung der bovinen Virusdiarrhoe (BVD)
Seit 2011 wird in Deutschland eine weitere verlustbringende Tierseuche beim Rind staatlich bekämpft: Die BVD soll aus den Beständen getilgt werden. Die Probenahme erfolgt durch die Tierhalter beim Einziehen der Ohrmarken. Die Selbsthilfeeinrichtungen der Landwirtschaft wirken bei der Logistik und der Datenerfassung unterstützend mit.
Die Krankheitshäufigkeit, bezogen auf neugeborene Kälber, konnte durch die eingeleiteten Maßnahmen bundesweit von 0,5 % im Jahr 2011 auf 0,06 % im Jahr 2014 reduziert werden.
Blauzungenkrankheit (BT)
Bei der BT handelt es sich um eine für den Menschen ungefährliche anzeigepflichtige Viruserkrankung der Wiederkäuer, die durch stechende Insekten übertragen wird. Es werden verschiedene Serotypen unterschieden. In Deutschland wurde das BT-Virus (BTV) vom Serotyp 8 (Frankreich) erstmals im Jahr 2006 nachgewiesen. Nach rascher Ausbreitung gelang es, durch eine verpflichtend eingeführte Impfung die Seuche zu tilgen. Seit September 2015 rücken aus dem Westen der Serotyp 8 und aus dem Osten der Serotyp 4 (Österreich, Ungarn, Slowakei, Slowenien, Kroatien) immer näher an Bayern heran.
Vorsorge gegen die Schweinepest
Die Schweinepest ist eine hochinfektiöse Tierseuche. Sie stellt eine permanente Bedrohung aller in der Schweinebranche tätigen Unternehmen – Erzeuger, Schlachtbetriebe und Verarbeiter – dar. Wildschweine fungieren als Überträger in die Hausschweinebestände. Die zunehmenden Schwarzwildbestände erhöhen das Übertragungsrisiko. Neben entsprechenden Hygienemaßnahmen in den landwirtschaftlichen Betrieben ist eine konsequente bayernweite Regulation der Schwarzwildbestände erforderlich, um das Seuchenrisiko zu beschränken.
Neben der klassischen Schweinepest (KSP) stellt auch die afrikanische Schweinepest (ASP) eine ständige Herausforderung dar. Die ASP ist Ende 2013 im Südwesten Russlands und in der Ukraine aufgetreten. In den osteuropäischen Staaten Polen, Litauen, Lettland und Estland wurden seit Anfang 2014 ebenfalls Fälle von Afrikanischer Schweinepest bei Wildschweinen festgestellt. Es kam auch zu Ausbrüchen bei Hausschweinen. Unter den betroffenen Hausschweinbeständen befanden sich neben Kleinsthaltungen auch große Betriebe, so ein Bestand in Litauen mit rd. 20 000 Tieren.
Tuberkulose (Tbc) bei Rind und Rotwild
Als Ergebnis der in den Landkreisen der Alpenkette durchgeführten Untersuchungen auf Tbc ist festzustellen, dass eine flächendeckende Verbreitung der Rindertuberkulose im bayerischen Alpenraum nicht vorliegt. Eine Häufung trat in der Region Allgäu auf. Für den Erhalt der Tbc-Freiheit in Bayern werden die Untersuchungen der Rinderbestände und des Rotwilds risikoorientiert fortgeführt.
Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE)
Seit 28. April 2015 ist die Verpflichtung zur systematischen Untersuchung der in Deutschland oder in einem nach der Entscheidung 2009/719/EG der Kommission gelisteten Mitgliedstaat geborenen und gesund geschlachteten Rinder auf BSE entfallen. Der Testpflicht im Rahmen des BSE-Monitorings unterliegen nach wie vor verendete, getötete und notgeschlachtete Rinder. Vor der Aufhebung kamen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in einer gemeinsamen Risikobewertung zu dem Ergebnis, dass die Einstellung der systematischen Untersuchungen bei gleichzeitiger Beibehaltung aller übrigen Bekämpfungsmaßnahmen befürwortet werden kann.
Trichinenuntersuchung
Seit 1. Juni 2014 müssen Schweine nicht auf Trichinen untersucht werden, wenn sie aus bayerischen Betrieben mit amtlich anerkannt kontrollierten Haltungsbedingungen stammen. Die amtliche Anerkennung erfolgt auf Antrag. Die Voraussetzungen sind EU-rechtlich vorgegeben. Sofern eine arbeitsteilige Produktion vorliegt, muss auf allen Stufen die amtliche Anerkennung erfolgen. Für Schweine aus Haltungsbetrieben ohne amtlich anerkannt kontrollierte Haltungsbedingungen haben sich keine Änderungen ergeben. Diese werden wie bisher auf Trichinen untersucht.