
Naturschutz und Biodiversität
Naturschutz und Biodiversität sowie die Wildlebensraumverbesserung wurden in der bayerischen Förderpolitik weiter ausgebaut, etwa im Bereich der flächigen Umsetzung naturverträglicher und klimaangepasster Landnutzungen, durch kleinräumige und punktuelle naturschutzfachliche Maßnahmen und die Schaffung einer breit angelegten staatlichen Wildlebensraumberatung.
In Mitteleuropa gehören die meisten naturschutzfachlich wertvollen Lebensräume zur Kulturlandschaft. Ihre Ausprägung erhielten sie erst durch eine meist extensive Bewirtschaftung. Insofern sind heute viele Landwirte nicht nur willkommene, sondern auch unverzichtbare Partner, wenn es darum geht, kulturlandschaftlich geprägte Lebensräume durch eine pflegerische Nutzung zu erhalten.
Als wesentliche Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt nennt der Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
- die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft,
- die Versiegelung von Flächen und den Verlust von naturnahen Flächen,
- Stoffeinträge aus der Atmosphäre und die Veränderung des Klimas,
- die gestiegene Freizeitnutzung der Landschaft und
- die intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Flächen.
Der Farmland-Bird-Index zeigt, dass die Bestände charakteristischer Vogelarten der landwirtschaftlichen Flur in den vergangenen 40 Jahren deutlich zurückgingen. Erst in den letzten 10 Jahren deutet sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau an. Eine Trendumkehr ist jedoch nicht erkennbar.
Farmland-Bird-Index Bayern (100-%-normiert auf BJ 2000) – Schaubild 30 in höherer Auflösung

Förderprogramme
Die nachfolgend genannten Förderprogramme sind wirkungsvolle Instrumente, um der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung entgegenzuwirken:
Mit rd. 1 Mio. ha geförderter Fläche ist das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) im Verantwortungsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) das zentrale Förderprogramm zur Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt für Flächen in landwirtschaftlicher Nutzung. Dort werden gesamtbetriebliche Maßnahmen wie der ökologische Landbau, betriebszweigbezogene Extensivierungen und Fruchtfolgevorgaben sowie einzelflächenbezogene Maßnahmen angeboten. Am Beispiel der Blühflächen soll die Bedeutung von solchen Bewirtschaftungsmaßnahmen dargestellt werden.
Blühflächen leisten nachweislich einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Davon profitieren insbesondere Regenwürmer, Insekten, Spinnentiere, Vögel, Feldhamster und Niederwild, wie in einem dreijährigen Forschungsvorhaben, dessen Ergebnisse in der Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL; Heft 1/2014) veröffentlicht sind, eindrucksvoll gezeigt werden konnte. Im Jahr 2015 wurden in Bayern fast 8 000 ha mehrjährige Blühflächen gefördert. Daneben wurden im Rahmen des Greening mehr als 30 000 ha Brachflächen angelegt. Mit der Maßnahme zum Erhalt artenreicher Grünlandbestände wurde im KULAP 2015 erstmalig auch eine ergebnisorientierte Maßnahme eingeführt. Eine extensive Bewirtschaftung ist hierbei durch den Nachweis von jährlich mindestens vier Kennarten zu erbringen. Die maßgeblichen Kennarten wurden von der LfL in einer Broschüre veröffentlicht.
Mit dem Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm fördert auch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz den Erhalt ökologisch wertvoller Lebensräume.
Zudem werden im Rahmen der Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) insbesondere Maßnahmen der Pflege, Wiederherstellung und Neuschaffung ökologisch wertvoller Lebensräume gefördert. Die (naturschutz-)fachlichen Zielsetzungen sind vor allem
- der Aufbau des europäischen Schutzsystems Natura 2000 und des bayerischen Biotopverbunds BayernNetz Natur,
- die Sicherung/Verbesserung des Zustandes bzw. der Vielfalt an natürlichen bzw. schutzwürdigen Lebensräumen und heimischen Tier- und Pflanzenarten,
- der Erhalt und die Bewahrung charakteristischer Landschaften sowie die
- Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie.
Darüber hinaus entwickelt die LfL zur Erhaltung der Biodiversität in der Agrarlandschaft u. a. folgende Aktivitäten:
Wildlebensraumberatung
Mit der staatlich verankerten Wildlebensraumberatung beschreitet Bayern seit dem Jahr 2015 einen neuen Weg. In jedem Regierungsbezirk steht über befristete Projektstellen ein Wildlebensraumberater als Ansprechpartner bereit. Angegliedert sind die Wildlebensraumberater an die Fachzentren für Agrarökologie der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF). Sitz der Koordinationsstelle für fachliche Koordination, Schulung und Evaluation der Wildlebensraumberatung obliegt der LfL, Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz. Kein anderes Bundesland verfügt derzeit über diese Form der Beratungsstruktur. Ziel der Wildlebensraumberatung ist die Förderung der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft durch fachpraktische Beratung von Landwirten, Jägern, Jagdgenossen, Gemeinde- und Naturschutzvertretern. Durch gemeinsames Handeln lassen sich wertvolle Lebensräume entwickeln. Diese bieten z.B. Feldhase, Rebhuhn und Goldammer sowie zahlreichen blütenbestäubenden Insekten wertvolle Nahrungs- und Rückzugsräume. Die Wildlebensraumberater geben allen Interessierten fachgerechte Informationen zu lebensraumverbessernden Maßnahmen im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP), des Greening sowie zu nicht förderfähigen Maßnahmen. Ein essentieller Erfolgsbaustein der Wildlebensraumberatung ist, dass KULAP-Maßnahmen und die Möglichkeiten, die das Greening bietet, praxisgerecht und maßgeschneidert an die Bedürfnisse des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes angepasst werden.
Förderung des Streuobstanbaus
Streuobstwiesen sind Lebensraum für wertvolle Tier- und Pflanzenarten. Die Vielzahl der Obstsorten ist ein unschätzbares Reservoir genetischer Vielfalt. Das StMELF fördert den Streuobstanbau in Bayern, z. B. durch
- Erhalt und Neuanlage von Streuobstbeständen durch das KULAP,
- Neuschaffung von Streuobstwiesen auf der Grundlage eines landschaftsplanerischen Konzepts im Rahmen der Flurneuordnung,
- Unterstützung von Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Streuobst und daraus hergestellten Produkten über die Einzelbetriebliche Investitionsförderung, über die Marktstrukturförderung und über die Förderung von Maßnahmen zur Stärkung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse,
- Fachinformationen, z. B. zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Streuobstbaus sowie neue Apfelsorten,
- Projekte wie z. B. Aktion Streuobst im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung oder Bayerns Streuobstsorten zur Erfassung der in Bayern vorkommenden Sorten,
- Förderung von Edelbrennereien durch die Diversifizierungsförderung.
Grünlandmonitoring
Mit dem Projekt Grünlandmonitoring Bayern wird eine flächendeckende und detaillierte Datenbasis zur bayerischen Grünlandvegetation geschaffen. Daraus geht u. a. hervor, dass auf unseren Wiesen durchschnittlich ca. 20 Pflanzenarten (pro 25 m2) gefunden werden können. Außerdem wurde ermittelt, dass auf Grünlandschlägen mit KULAP-Maßnahmen sowie insbesondere mit VNP-Maßnahmen höhere Artenzahlen auftreten als auf Schlägen außerhalb dieser Programme. Der zweite Erhebungsdurchgang zeigte, dass die Artenzahlen nochmals zunehmen, wenn die Maßnahmen über mehr als eine Förderperiode beibehalten werden (veröffentlicht in der Schriftenreihe der LfL, Heft 8/2015).
Wiesenmeisterschaften
Die Wiesenmeisterschaft ist ein von der LfL und dem BUND Naturschutz in Bayern e. V. durchgeführter Wettbewerb, der die Leistungen und das Engagement der Landwirte für die Erhaltung artenreichen Wirtschaftsgrünlandes auszeichnet und einer breiten Öffentlichkeit vorstellt. Wichtig dabei ist es, Landwirte zu prämieren, die den Aufwuchs arten- und blütenreicher Wiesen im eigenen Betrieb nutzen. Sie erbringen eine besonders wertvolle Leistung für die Allgemeinheit und gestalten so eine attraktive Kulturlandschaft mit.
In den Jahren 2014 und 2015 wurden die Wiesenmeisterschaften im Oberpfälzer Wald und Hügelland bzw. in Spessart und Odenwald durchgeführt. Mit deutlich gestiegenen Anmeldezahlen von 58 bzw. 43 landwirtschaftlichen Betrieben konnte die Öffentlichkeitswirksamkeit in den beiden Jahren nochmals verstärkt werden. Für das Jahr 2016 ist die nächste Wiesenmeisterschaft im westlichen Mittelfranken (Landkreise Neustadt/Aisch, Ansbach und Weißenburg/Gunzenhausen) geplant.
Ackerwildkraut-Wettbewerb
Im Jahr 2014 organisierten LfL und BUND Naturschutz in Bayern e. V. den ersten Wettbewerb Blühende Ackerwildkräuter in Unterfranken. 2015 entstanden zwei Broschüren zum Thema Ackerwildkräuter: die LfL-Information „Blühende Ackerwildkräuter" und das vom BUND Naturschutz in Bayern herausgegebene Heft „Ackerwildkräuter fördern“. Mit Schulungen und Presseveranstaltungen wurde das Thema stärker bekannt gemacht. Der nächste Wettbewerb findet 2016 statt.